Feministische Gesellschaftstransformationen – die von Mehrheiten getragen werden.

Zur Gleichstellung aller Menschen – im Kontext der Notwendigkeit der Auseinandersetzung, des wertschätzenden Teilens von Wissen und des gemeinsamen zivilgesellschaftlichen Handelns für unser solidarisches, demokratisch-rechtsstaatliches Gemeinwesen.

Heute wird in den unterschiedlichsten Kontexten über die Notwendigkeit von Transformation gesprochen. Was bei naturwissenschaftlichen Prozessen zumeist mit konkret zu benennenden und nachweislichen Notwendigkeiten verbunden werden kann – wie z.B. existenzielle Energie-Transformationen in lebenden Organismen (Mensch incl.) – ist bei fast allen gesellschaftlich-transformativen Fragen ausgesprochen diffizil und oft mit extrem polarisierten Meinungsbildern verbunden. Das trifft auch auf Gleichstellungsfragen zu. Hier kommt ein scheinbar unlogischer Sachverhalt dazu – dass trotz allgemeinem Wissen der Mehrheiten um Nachstellung nur aufgrund der Geschlechtszugehörigkeit, leider nicht Mehrheiten aktiv in ihrem Alltag handeln, um diese Unrechtssituation zu korrigieren, zu reduzieren bzw. aufzuheben. Die Gründe dafür sind sehr komplex – und reichen von historischer Dimension der gesellschaftlich manifestierten Geschlechterungerechtigkeit, über zumeist sozial bedingte individuelle Sichtweisen bzw. Werte-Profile bis hin zum Sachverhalt, dass allgemeines Wissen fast immer nicht ausreichend ist.

Es braucht Wissen um kausale Zusammenhänge, in historischen und aktuellen Gesellschaftsbezügen und es braucht besonders die ganz persönliche Erkenntnis, dass „eine gerechte(re) Welt allen Menschen Vorteile bringen“. Aus dieser Erkenntnis folgt, dass letztendlich die Gleichstellung aller Menschen das stabilste Fundament einer Gesellschaft ist, um als solidarisches Gemeinwesen gegenüber gegenwärtigen bzw. künftigen extremen Herausforderungen bestehen zu können.

Natürlich stellt sich beim Lesen des Projekttitels sofort die Frage: Was bedeutet „feministische Gesellschaftstransformation“ – (bei vielen) mit der Betonung auf das Attribut feministisch. Aus unserer Perspektive bedeutet Feminismus u.a., sich gegen jede Art von Unrecht zu positionieren und zu handeln. Dieses Leit-Motiv ist (aus unserer Sicht) allen feministischen transformativen Prozessen immanent. Die weit komplexere Frage ist natürlich: Wie können generationsübergreifend Mehrheiten humanistisch-demokratisch, beteiligungsorientiert, feministisch … erreicht werden, um im o.g. Kontext gesellschaftliche Transformationsprozesse zu initiieren und zu tragen? Auch Fragen nach „welche Mehrheiten“ müssen gestellt werden. Unter Zivilgesellschaft verorten sich viele Menschen, Gruppen, Initiativen – die selbst bei den gleichen/denselben Leitsätzen, sich nicht selten kontrovers und ab- bzw. ausgrenzend verhalten.

Formulierte Visionen und Ziele werden sehr schnell zu Phrasen, wenn nicht sehr konkrete, zielgerichtete Aktionen bzw. Maßnahmen des Handelns folgen. In der Prioritätenliste von feministisch transformativen Aktionskonzepten ganz oben: Die sachliche Analyse des Ist-Zustandes und die Dimension des konzipierten Wirkungsradius/-grad. Da alle gesellschaftspolitischen und insbesondere gesellschaftlich transformative Aktionen zumeist „zuerst“ mit dem regional-sozialen Umfeld der Akteur:innen verbunden sind – braucht es für weiterreichende Aktionen viel Ausdauer, Kontinuität, Unerschrockenheit, Unermüdlichkeit und Hartnäckigkeit … besonders auch im offenen und ehrlichen Netzwerken. Ebenso wichtig sind sehr differenzierte und entsprechende Aktionsformate, um Mehrheiten über die eigene Community hinaus erreichen zu können.


Anliegen des Projektes 2025

Die Bedeutung feministischer Gesellschaftstransformationen – auch im Kontext des Artikel 3 des Grundgesetzes – über unterschiedlichste Aktions- und Angebotsformate zielgruppenentsprechend Wissen begreifbar zu vermitteln und einen offenen, quasi terminologisch barrierearmen Austausch zu ermöglichen. Das Verstehen, das persönliche Begreifen der Wichtigkeit transformativ feministischer Gleichstellungsprozesse – in den historischen, gegenwärtigen und zukünftigen Bezügen – ist letztendlich unumgängliche Notwendigkeit jeglicher demokratisch-freiheitlicher Weiterentwicklung unseres humanistischen Gemeinwesens – welches immer von Mehrheiten getragen werden muss …

Im konkreten thematischen Fokus steht im Jahr 2025 die differenzierte Auseinandersetzung mit „Ost-/Frauen“. Im Damals und im Heute.”

„Ossi & Wessi“ sind – auch 35 Jahre nach der Wiedervereinigung – keine Kategorisierungen der 90er Jahre, sondern aktuelle und relativ verbreitete Zuschreibungen unserer Gegenwart – in Ost & West. Jüngere Menschen der Jahrgänge nach 1990 – im Osten geboren und hier zur Schule gegangen – erleben nicht selten eine „zeitlich versetzte Ost-Sozialisierung“ – z.B. mit Studium oder Berufsausübung im Westen. Mit dem Öffentlich-Werden der Ost-Herkunft werden häufig stereotyp verschiedene Ost-Merkmale zugeschrieben – und diese müssen quasi erstmal im alltäglichen Kennenlernen widerlegt werden. Sprachlich ist es sicherlich am einfachsten für alle aus Brandenburg oder Mecklenburg: Sie sprechen in der Regel nicht sächsisch. Der Sachverhalt, dass die sozialen Narrative der Ostdeutschen sich von denen der Westdeutschen unterscheiden (unterscheiden müssen) ist überall bekannt – auch das Wende-Geschehen und die damit verbundenen gesellschaftlich strukturellen, politischen Umbrüche. Und trotzdem nehmen nicht hinterfragte Ossi-Wessi-Stereotype in unterschiedlichsten Gesellschaftssituationen Einfluss. Bilder und be-/wertenden Meinungen z.B. über „Ostfrauen“ spiegeln in vielen unterschiedlichen Kontexten oft sehr wenig Wissen über Leben und Leistungen von Ostfrauen wider.

Diese bekannten Kontexte zeigen den enormen Bedarf, „einfach mal über den Osten zu erzählen“ (und nicht nur über Rechtsradikale). Der Osten ist so vielfältig wie der Westen bzw. jede andere Region. Auch der Bedarf, über den Westen zu reden – ist in verschiedensten Gesellschaftsbereichen erheblich.

Ost-West-Differenzen, die in den verschiedenen Sozialisierungen begründet sind – existieren real. Entscheidend ist, dass die Hinter-/Gründe sachlich thematisiert und vermittelt werden. Die ökonomischen Unterschiede West-Ost hängen im Querschnitt von verschiedensten Parametern ab, u.a. von wirtschaftlichen Entwicklungen nach 1945 (Ost: Reparationen an die SU | West: Marshallplan); vom Erbvermögen… und natürlich auch von den Höhen der Lohnzahlungen.

Auch in Bezug auf die emanzipatorische Sozialisation von Frauen existieren oft sehr einseitige Narrative im Westen über Ostfrauen* – welche auch in gemeinsamen Aktivitäten von Ost- und West-Feministinnen* Anfang der 90er Jahre durchaus Raum nahmen. Und da unser rationales – und besonders unser emotionales Gedächtnis – nicht selten Geschichts-Schreibenden in der Summe überlegen ist, kann durch authentische erzählte Lebensgeschichten von Frauen Geschichte greifbarer und begreifbarer werden – besonders für westsozialisierte Menschen bzw. die Generationen, die diese Zeit nicht miterlebt haben. Dies betrifft die Geschichte der jeweiligen Zeit im Allgemeinen, wie auch die „von Ostfrauen“ im Spezifischen.

Unter dem (leicht provokant formuliertem) Ansatz „Ohne Frauen keine Wende ´89“ kann dieses Projekt mit einer breiteren Öffentlichkeit über das Wirken von Frauen`89 exemplarisch einen sehr positiven Input leisten, um o.g. Polarisierungsprozesse Ost/West zu relativieren – und auch dazu, die immense Bedeutung von Gleichstellung für unser solidarisch demokratisch-rechtsstaatliches Gemeinwesens zu vermitteln und zu teilen.

Auf diesem Wege ein besonderer Dank an den Freistaat Sachsen.
Die Umsetzung des Gleichstellungsprojektes 2025 „Ost-/Frauen“. Im Damals und im Heute.” – welches sich an alle Menschen (unabhängig vom Geschlecht) richtet – wird durch den Freistaat Sachsen | das Sächsische Staatsministerium für Soziales, Gesundheit und Gesellschaftlichen Zusammenhalt | der Landesdirektion Sachsen unterstützt und gefördert. Die Durchführung dieses Projektes wäre ohne diese Unterstützung nicht möglich.